Nun bin ich schon 3 Tage weg und habe noch nicht gebloggt. Schande über mein Haupt...
Dienstag um halb 3 gings los. In Düsseldorf musste ich umsteigen. Durch das schlechte Wetter in Düsseldorf war die Landung ziemlich rumpelig und auch bei der Landung in Göteborg wurden wird ordentlich durchgeschüttelt. Eine gute Gelegenheit um einen meiner ersten Vorsätze für Erasmus umzusetzen: Dinge die man nicht ändern kann und nicht in der Hand hat gelassen hinnehmen. Und siehe da, wenn man sich nur lang genug einredet, dass der Pilot das sicher gut macht, glaubt man sich sogar ;-)
Die Anreise ins Hostel war dann nochmal recht anstrengend, denn ich musste noch quer durch die Stadt. Ich hab dann gleich am Hauptbahnhof ein 3-Monats-Ticket für die Straßenbahn gekauft, um flexibler zu sein. An der richtigen Straßenbahnstation auszusteigen habe ich noch geschafft, aber dann habe ich mich gar nicht mehr ausgekannt. Die Umgebung hat so gar nicht ausgeschaut wie auf der Karte und es war sehr dunkel. Am nächsten Tag hat mir die Frau an der Rezeption dann gesagt, dass anscheinend ein Teil der Straßenbeleuchtung ausgefallen war. Ich habe dann den Telefonjoker eingesetzt und die Mercedes war so lieb und hat mir mit Google-Maps den Weg angesagt. Irgendwann hatte ichs dann endlich geschafft und war im Hostel. Dort angekommen habe ich mir geschworen nie wieder mit so viel Gepäck zu reisen. Durch den zusätzlich gebuchten Koffer kam ich auf knapp unter 50kg. Nachdem ich das Internet bzw. die Skypeverbindung ordentlich getestet hatte musste ich noch das Bett überziehen und dann gings endlich in die Heia.
Für den ersten richtigen Tag in Göteborg hatte ich mir ein Frühstück vorgebucht um optimal in den Tag zu starten. Die Auswahl an Knäckebrot am Frühstücksbuffet war beeindruckend. Da ich keine Lust auf Erdbeermarmelade hatte, habe ich bei der anderen Schüssel zugegriffen. Noch ein bisschen Butter und gut ist. Hat wunderbar geschmeckt. Beim zweiten Brot hab ich dann nur Butter genommen und hatte die Erkenntnis warum das Brot so interessant geschmeckt hat. Die Butter war gesalzen und die Marmelade war eigentlich Apfelmus. Gut wars trotzdem :-)
Ich hab dann den Tag genutzt um mir einen Überblick zu verschaffen. Zuerst habe ich das größte Shoppingcenter Göteborgs, Nordstan, besucht, denn ich wollte Geld abheben und mir etwas zu Essen kaufen. Gleich nach dem Eingang gibts einen Intersport und es stand auch noch ein Schild mit "rea" vor der Tür. Das ist das schwedische Wort für "Ausverkauf", aber das lernt man schnell, denn momentan ist fast überall "rea". Ich habe die Gelegenheit genutzt und mir eine neonfarbene Haube mit Reflektorstreifen gekauft, nach der ich in Wien schon länger gesucht hatte. Generell fällt auf, dass gut reflektierende und neonfarbene Kleidung gerade im Sportbereich viel üblicher ist als bei uns. Das liegt vermutlich daran, dass es so schnell dunkel wird. Ich habe meine Mütze dann auch gleich getauscht. Dann habe ich noch ein bisschen Essen eingekauft. Champignons sind erstaunlich günstig in Schweden,das ist aber auch das Einzige ;-) Anschließend habe ich noch eine Runde durch die Stadt gedreht. Der erste Eindruck ist, dass die Innenstadt fast nur aus Geschäften besteht. Lustig fand ich, dass die schwedischen Kinder offensichtlich immer draußen spielen. Die kleinen Kinder werden einfach in Skioveralls gesteckt und damit spielen sie fröhlich im Gatsch oder legen sich in die nasse Wiese und machen "Schneeengerl" (dreifach-Buchstabe für dich liebe Merc =)). Außerdem müssen die Kinder ordentlich diszipliniert sein, denn eine Gruppe die ich gesehen habe hat auf einem Kunstrasenplatz direkt neben einer großen Schnellstraße gespielt. Es waren um die 30 Kinder auf 3 Betreuerinnen und das ohne Zaun oder irgendeiner Abtrennung zur Straße. Die Kinder haben sich frei bewegt und lustig miteinander gespielt. Schwer zu beschreiben. Nachdem mir langsam kalt war und ich müde geworden bin bin ich wieder ins Hostel gefahren. Dort habe ich mir Nudeln gekocht und mir dann einen gemütlich Abend gemacht.
Heute Vormittag hatte ich eine Verabredung mit einer Medizinstudentin, die mir ihr Fahrrad verkaufen wollte. Wir haben und das Treffen auf Facebook ausgemacht. Schon gestern habe ich mir die Route zurück zum Hostel angeschaut und google-maps sagt es sind rund 40 Minuten mit dem Rad oder knapp 2 Stunden zu Fuß. Schon beim weg fahren war das Wetter ordentlich schlecht und ich hab begonnen mir Sorgen zu machen wie das mit dem Rückweg wird. Meine Karte von Göteborg hat leider einen Ausschnitt auf dem das Hostel nicht mehr drauf ist, somit war auch die Orientierung fraglich. Ich bin also zur Uni gefahren und hab mir das Rad angeschaut. Was soll ich sagen, es kann natürlich weder mit dem Speedy noch mit dem Giacomo auch nur annähernd mithalten, dafür war es billig. Ich glaub ich nenne es Rusty. Am Weg Heim habe ich mich nicht richtig fahren getraut, denn das Wetter ist immer schlechter geworden. Graupel-Schauer und das auch noch waagrecht... Ich habe also geschoben und bergab das Rad als Roller benutzt. Nach ca 20 Minuten war ich komplett durchgefroren und hatte einen nassen Popo. Der Radweg führte netterweise unter einem Gebäude der Uni durch und dort hab ich erstmal Bestandsaufnahme gemacht. Meine Karte war komplett durchnässt und halb zerfetzt, mir war inzwischen ziemlich kalt, ich hab mich komplett verfahren und es waren noch nichtmal 1/3 der Strecke geschafft. Die gute Nachricht: meine neuen Schuhe sind super! Meine Fuße sind warm und trocken geblieben, auch die neue Mütze hat erstaunlich lange dicht gehalten und die Jacke auch. Die Hauptschwachstelle war die Jeans und das Vergessen der Regenhose meinerseits. Nachdem ich mir ein Milchbrötchen mit Schokostückchen gegönnt hatte, hab ich überlegt was ich jetzt mache. Nach näherer Betrachtung der Umgebung habe ich beschlossen, dass es das beste ist das Rad an Ort und Stelle zu lassen und es morgen zu holen. Da es sich um ein Universitätsgebäude handelt gab es einen Fahrradständer und viele andere Räder. Glücklicherweise hatte ich das Fahrradschloss schon mit. Mit allerlei Eselsbrücken hab ich versucht mir zu merken wo ich den armen Rusty lasse. Ich hoffe ich finde ihn wieder!
Ich habe mich also zur nächsten Straßenbahnstation durchgeschlagen und bin nochmal zu Nordstan gefahren. In Wien beim Freitag und Berndt habe ich gesehen, dass es eine wasserfeste Karte von Göteborg gibt. Deshalb bin ich nochmal zum Intersport gegangen. Dort haben sie mich an ein anderes Geschäft gleich um die Ecke, verwiesen. Wieder hat mich das Angebot sehr fasziniert. Beim Naturkompaniet gibts echt alles. Ich hab die Karte dann auch schnell gefunden und mir gleich noch einen Wanderführer für Touren rund um Göteborg gekauft. Bei dieser Gelegenheit habe ich wieder gemerkt wie sehr es mich nervt die Landessprache nicht zu können. Ich versuche momentan die Leute zu bitten mir zu übersetzen was sie gerade gesagt haben und es zu wiederholen. Heute gelernt: "vill du en påse?"- Willst du ein Sackerl? Die Schweden sind da sehr freundlich und geduldig und wollen immer gleich wissen wo man herkommt. Von wegen die sind nicht gesprächig... Später hat mich dann ein anderes "Rea"-Schild in den "the north face" getrieben. Wieder war der Verkäufer sehr nett und gesprächig. Er hat mir erklärt, dass die Schweden im Sommer sehr freundlich und nett und gesprächig sind und im Winter sind sie wie die Bären im Winterschlaf. Außerdem hat er gemeint, dass das die größte Filiale dieser Kette in Schweden sei. Viele Leute fragen warum sie nicht in Stockholm ist und er sagt das liegt daran, dass Göteborg so viel schlechteres Wetter hat. Na bravo! Wieder war ich erstaunt was die Schweden als großes Geschäft empfinden. Das ist mir schon im Sommer in Stockholm aufgefallen. Das größte Buchgeschäft Schwedens war allerhöchstens so groß wie 1 1/2 Etagen vom Thalia in der Mariahilferstraße. Und auch die Filiale von "the north face" fand ich nicht sonderlich beeindruckend. Nachdem sich nun langsam der Hunger wieder meldete, habe ich beschlossen, dass es heute auch mal Fertigessen sein darf. Das Abenteuer mit dem Rad war mir Action genug... Also habe ich zu Köttbullar für die Mikrowelle gegriffen. Dazu habe ich noch zwei kleine Packungen Dicksaft gekauft, der mir schon im Sommer gut geschmeckt hat und eine Schüssel aus der Wühlkiste. An der Kassa hat mich dann ein alter Mann auf schwedisch angesprochen. Nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn leider nicht verstehe kam wieder die Frage nach meiner Herkunft. Nachdem er endlich, dank Übersetzung von mehreren anderen Kunden verstanden hatte, dass ich aus Österreich bin (und nicht aus Israel, wie er dachte) hat er erstmal lange ein nachdenkliches Gesicht gemacht und dann freudestrahlend mit stark schwedischem Akzent "Sie sprechen deutsch?" heraus gebracht. Das hab ich sehr lieb gefunden. Auch er hat anscheinend kurz vergessen, dass Schweden eigentlich schüchtern sind.
Was mir besonders gut gefällt hier ist, dass die Leute im direkten Umgang miteinander sehr höflich sind. Bei jeder Gelegenheit entschuldigen sie sich beieinander. Im Supermarkt hat einen Dame unabsichtlich etwas aus dem Regal geschmissen und es nicht bemerkt und der Herr hinter ihr hat es trotz offensichtlicher Rückenschmerzen wieder aufgehoben und ins Regal gelegt. Auch beim Ein- uns Aussteigen wollen alle gleichzeitig den Rollstuhlfahrern und Kindwagerl-Schiebern helfen. Am Weg vom Flughafen ins Hostel hat mir eine Dame, die mindestens 75 war, beim Anblick meines Gepäcks ihren Sitzplatz angeboten. Das gefällt mir gut, denn ich werde nie blöd angeschaut, wenn ich irgendwo meine Hilfe anbiete. Schon im Sommerurlaub ist deutlich geworden, dass die Schweden zumindest auf den ersten Bick erstaunlich gut zu mir passen. Schauen wir mal, ob es auf den zweiten Blick immer noch so ist =)
In diesem Sinne, liebe Grüße aus Göteborg!
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geschrieben von flo am Donnerstag, 15.01.2015, 17:58
Kommentar(e):
Danke, Fli, für diesen bildhaften ersten Eindruck!! bussi sti
Hab grad Tränen gelacht über den nassen popo!!
Freut mich, dass du gut angekommen bist!!!!
Freut mich ebenso, dass du gut angekommen bist! Bin schon auf weitere Berichte und Eindrücke gespannt :)
lG, Matthias
Ohhhhh Floli, das hast du nett geschrieben! Freut mich dass dir gut geht! Grüße von der "Kral-Front" :) Raphaela