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Spät aber doch: Teil Eins unseres Urlaubsbericht vom Sommer!

Nach einem frühen Start (4:00) und einer langen Anreise mit Zwischenstopps in Berlin und Stockholm landeten wir in Kiruna, 300km nördlich des Polarkreises. Während wir in Wien am Flughafen mit unseren bunten Wanderhosen, Trekkingrucksäcken und Wanderschuhen noch ziemlich auffielen, begegneten uns in Richtung Norden immer mehr Gleichgekleidete bis wir uns schlussendlich optisch ganz in Landschaft und Stadtbild eingefügt hatten.

Als nächste größere Stadt zum Kungsleden, dem beliebtesten Wanderweg Schwedens, ist Kiruna ein Treffpunkt für Wanderbegeisterte - einen anderen Grund gibt es wohl nicht dort hin zu fahren. Selten haben wir eine so hässliche und trostlose Stadt gesehen - was vermutlich daran liegt, dass Kiruna vor etwa 100 Jahren entworfen wurde um die Arbeiter des größten Erzbergwerks Schwedens zu beheimaten. Mittlerweile hat sich das Eisenbergwerk derartig ausgedehnt, dass der Stadtkern um mehrere Kilometer versetzt werden muss, da der Boden darunter komplett ausgehöhlt wurde und daher einsturzgefährdet ist. Aus irgendeinem Grund ist man stolz darauf, dass man "etwas erlebt, was weder in Schweden, noch dem Rest der demokratischen Welt je passiert ist", wie die offizielle Tourismusbroschüre es formuliert.



Waggons mit Eisenerz in Kiruna
Waggons mit Eisenerz in Kiruna



Nach ein paar Besorgungen wie Streichhölzer oder Brennspiritus wanderten wir zum Campingplatz, wo wir die erste Nacht in Schweden im Zelt verbrachten. Für etwa 4°C Außentemperatur waren wir gut ausgerüstet, der Wind machte die Nacht aber sehr unangenehm. Ich versuchte mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass es deutlich kälter sein muss, damit einem Nase und Ohren abfrieren, wobei ich mir zwischendurch doch ernsthaft Sorgen machte.

Nach der Nacht waren wir etwas verunsichert, wie es mit den Übernachtungen im Zelt weitergehen würde, insbesonders da wir der Wetterprognose zufolge auch in den kommenden Nächten ähnliche Temperaturen zu erwarten hatten. Am Weg zum Zug Richtung Abisko konnten wir uns gleich an unser Rucksackgewicht gewöhnen - der Bahnhof war um 1,5km verlegt worden, eine Strecke die wir im Laufschritt zurücklegten, um den Zug noch zu erwischen.

Nach 2 Stunden Zugfahrt erreichten wir Abisko Turiststation - den offiziellen Startpunkt des Kungsledens.


Tag 1: Abisko Turiststation - Abiskojaure (14 km)

Gemeinsam mit einigen anderen Wanderern machten wir uns nach dem Abwiegen unserer Rucksäcke auf den Weg, um die erste Tagesetappe bis zum Abend beenden zu können. Mit 35 Kilo Gepäck hatten wir nicht gerechnet, hatten wir doch jedes einzelne Kleidungsstück abgewogen und genauestens geplant, was wir mitnehmen sollten. Der Weg führte uns durch Birkenwälder und Sumpfgebiet - alles in allem eine sehr angenehm zu gehende Strecke. Wo der Sumpf zu tief war, erleichterten Holzplanken das Vorankommen. Nach einem Nachmittagsessen auf unserem Kocher unweit der Hütte beschlossen wir, ein Stückchen weiter und aus dem Nationalpark hinauszugehen, um "wild" zu zelten. Das Jedermannsrecht erlaubt Wanderern in Schweden, abseits von Zelt- oder Campingplätzen zu zelten, was natürlich eine attraktive und billige Übernachtungsmöglichkeit darstellt. Nahe eines Flusses fanden wir einen Platz für unser Zelt, nach Milchreis mit Apfel fielen wir müde ins Bett bzw. in die Schlafsäcke. Fast. Mit Schrecken stellten wir fest, das wir (naja, eigentlich ich) den Packsack mit dem Elektronikzubehör - sprich Handyladekabel, zweiten Kameraakku und Kameraladekabel - zuhause vergessen hatten und den Einsatz der Kamera stark einschränken mussten, Handyempfang gab's sowieso keinen.


Wegweiser zum Kungsleden
Wegweiser zum Kungsleden

Fast 20kg
Fast 20kg

Erste Eindrücke
Erste Eindrücke

Fjäll-Huhn
Fjäll-Huhn

Kungsledentypische Wegbeschaffenheit
Kungsledentypische Wegbeschaffenheit



Tag 2: Abiskojaure - Alesjaure (22 km)

Wider Erwarten hatten wir eine angenehm warme und ruhige Nacht und brachen früh auf, da wir unsere längste Tagesetappe vor uns hatten. Nach etwa einer halben Stunde kamen wir zu einem Schild, dass das Ende des Nationalparks markierte - wir hatten gemeinsam mit einigen anderen Wanderern unabsichtlich im Nationalpark gezeltet, da die Karte sehr ungenau war und uns ein paar Flüsse unterschlagen hatte. Mit schlechtem Gewissen zogen wir weiter und etwa 600 Höhenmeter nach oben über einen Pass ins nächste Tal. Beim Mittagessen hatten wir unseren ersten Kontakt mit einer Herde Rentiere, die ganz in unserer Nähe weideten. Im Laufe des Nachmittags wurde es kälter, wir müder, Beine und Schultern schmerzten immer mehr und so beschlossen wir, für die letzten 4 km der Etappe den Boottransfer zu nutzen, den die dort lebenden Samen als Service anbieten. Regen, Kälte und Erschöpfungszustand brachten uns dazu, die Nacht in der Hütte zu verbringen, wo wir unser Zelt trocknen konnten. Nach dieser Etappe waren wir sehr unsicher, ob wir den Weg weitergehen oder doch besser umkehren sollten, nach einer warmen Nacht und guter Stärkung sah die Welt am nächsten Tag aber gleich besser aus.


Wasserholen im Fluss
Wasserholen im Fluss

Blick zurück
Blick zurück

Panorama Kungsleden
Panorama Kungsleden

Landschaft
Landschaft



Tag 3: Alesjaure - Tjälka - Sälka (13 + 12 km)

Schönes Wetter und ein angenehmer Weg motivierten uns sehr und wir erreichten gegen 16 Uhr die Hütte Tjälka, die das Ende der Tagesetappe darstellte. Nach einer kleinen Pause beschlossen wir, noch über den nachfolgenden Pass zu gehen um im Tal dahinter unser Nachtlager aufzuschlagen. Der Pass stellte mit 1021m den höchsten Punkt und gleichzeitig die Mitte des Weges dar. Von diesem Erfolg motiviert entstand im Laufe des Weges das Ziel, die nächste Hütte zu erreichen um dort zu übernachten, da ein Gewitter aufzuziehen drohte und der Untergrund nicht optimal war um unser Zelt aufzustellen. Die letzten Kilometer zogen sich wie Kaugummi und wir waren kurz davor unser Zelt doch auf irgendeinen Steinhaufen zu stellen, als wir endlich die Hütte hinter einem Hügel sahen. Komplett übermüdet und hungrig kamen wir um 21 Uhr an, um zu erfahren, dass die Hütte voll belegt war und wir nur einen Zeltplatz bekommen konnten. Trotz Gewitter verbrachten wir eine angenehme Nacht - komplett kaputt, aber zufrieden mit unserer Leistung.


Blick aus dem Fenster
Blick aus dem Fenster

Noch ein weiter Weg vor uns
Noch ein weiter Weg vor uns

Rentiere
Rentiere



Tag 4: Sälka - Kebnekaise Station (12 + 13 km)

Nach einem klassisch österreichischen Frühstück - Kaiserschmarrn mit Apfelmus - packten wir unser klatschnasses Zelt ein und spazierten los. Die Strapazen des Vortages waren von Kopf bis Fuß zu spüren und so steckten wir uns ein leicht erreichbares Ziel: Die Hütte Singi in 12km Entfernung. Das wunderschöne Wetter und der gute Weg ließen uns diesen Plan aber bei unserer Mittagspause über den Haufen werfen, und so machten wir uns auf den Weg über einen Pass als Abkürzung zur letzten Hütte des Weges. Die Aussicht vom Pass war wirklich beeindruckend, da man die höchste Stelle des Kungsledens, die wir am Vortag passiert hatten in weiter Ferne erkennen konnte und zum ersten Mal richtig sichtbar wurde, welche Strecke wir schon zurückgelegt hatten. Die Wolken zogen aus dem nächsten Tal zum Greifen nahe an uns vorbei und der Abstieg gestaltete sich aufgrund der eingeschränkten Sicht als wirklich schwierig, ein kleiner Vorgeschmack auf das kommende Wegstück. So gut der Kungsleden am Hauptweg ausgebaut war, so schlecht waren es die letzten 14 km der Ausstiegsstrecke. Wir kletterten über Steine, versanken 30 Zentimeter tief im Sumpf und fielen fast in einen Wasserfall beim Versuch einen Fluss an einer falsch-markierten Stelle zu überqueren. Hier hätte es keine Möglichkeit gegeben ein Zelt aufzustellen, der Boden war entweder schlammig oder aus Felsbrocken bestehend.
Um 22:30 erreichten wir die Kebnekaise Station, die anders als die Hütten davor mit Strom und fließendem Wasser ausgestattet war und eigentlich einem klassischen Hostel sehr ähnlich war. Da die Rezeption schon geschlossen hatte übernachteten wir in einem Seminarraum mit Matratzen am Boden, der als Notquartier zur Verfügung stand. Nach 4 Tagen ohne Handyempfang und Strom war es ein kleiner Kulturschock, alle Leute mit Smartphones und Tablets herumlaufen zu sehen. Wir waren im Vergleich zu den meisten anderen, die 8 Kilometer von der nächsten Busstation hergewandert waren, echt echt grauslich :-)



Nur für schwindelfreie Wanderer
Nur für schwindelfreie Wanderer

Der am weitesten entfernte Pass - da sind wir hergekommen
Der am weitesten entfernte Pass - da sind wir hergekommen

Neüs Tal - neüs Wetter
Neüs Tal - neues Wetter



Tag 5: Kebnekaise Station - Nikkaloukta - Kiruna

Nach einer ausführlichen Dusche frühstückten wir gemütlich mit einer Gruppe Wienern, die auch am Vorabend angekommen waren, aber anders als wir abseits der Wege im Sarek unterwegs gewesen waren. Lustigerweise kannte Flo zwei von ihnen von der Uni vom Sehen.
Im Rekordtempo wanderten wir 8 km zum Schiffsanleger. Über die Bootsfahrt kann ich leider sehr wenig berichten, weil ich währenddessen eingeschlafen bin. Beim Anleger des Schiffes mussten wir in einem kleinen Sami-Kaffeehaus unbedingt den berühmten Rentier-Burger probieren. Fünf Kilometer weiter erreichten wir endlich unser Ziel: Nikkaloukta!
Nach einer ausführlichen Kaffeepause ging's mit dem Bus zurück nach Kiruna, das sich noch kälter, windiger und trostloser präsentierte als vor unserer Wanderung. Das Zelt noch nass und wir komplett kaputt beschlossen wir die Nacht in einem Hostel oder Hotel zu verbringen, jedoch hatten wir uns das einfacher vorgestellt. Die meisten Hotels waren voll oder unzahlbar teuer (80 Euro pro Person im 8-Personen-Zimmer im Hostel), so dass wir wieder auf den altebekannten Campingplatz marschierten. Glücklicherweise gab es dort auch kleine Hütten mit Küche und Badezimmer zu mieten, die preislich okay waren. Endlich hatten wir die Möglichkeit unser Zelt zu trocknen und unser Gewand zu waschen.



Der berühmte Rentierburger
Der berühmte Rentierburger

Fahne der Sami
Fahne der Sami



Tag 6-8: Kiruna

Da wir für unsere Wanderung vier statt der geplanten sechs Tage gebraucht hatten, blieb uns einige Zeit übrig, bis wir zu unserem Ferienhäuschen in Norwegen fahren konnten. Viel Programm mussten wir uns aber nicht überlegen, da Flo mit Fieber nicht sehr unternehmungslustig war und so haben wir es uns in unserem kleinen Häuschen einfach gemütlich gemacht.

Direktlink  Kommentare: 0 geschrieben von merc am Samstag, 13.12.2014, 20:46
Eingeordnet unter: Reisen, Schweden, Skandinavien, Wandern


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